Dirk Otto - Lübeck
Autor und Abenteurer


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03.04.2022

Das Schwarze Auge, 5. Edition, Online-Spielabend vom 23.03.2022 „Jenseits der Sterne“ Teil 13 „Der blaue Stern“

2022-03-23x.jpgSpielbericht Uhdenberg-Runde 23. März 2022 von Dirk N. & Christian B.

Aus dem Reise-Vademecum der Berichterstatterin LYRIA ESLAMSDALL:

Mitte Ronda 1037 nach Bosparans Fall. Die Abenteurer sind nach einem unverhofften Ausflug in eine Feen-Globule wieder zurück in Uhdenberg, kommen aber kaum dazu, Atem zu schöpfen, denn sie werden dort Zeuge eines fallenden Sterns. Eben noch sitzen die fünf Aventurier - der selten melodramatische Kor-Geweihte Kangrosch Roteiche, der neuerdings ganz romantische Magier Hagen, der gelegentlich schulmeisterliche Ritter Travian von Schwarztann, der mehr als gelegentlich gierige Hügelzwerg Aurinosch und der allseits bekannte Lokalmatador Connar Fuxfell - halbwegs gemütlich in der Taverne Ifirns Feuer beisammen. Unter dem heimeligen Leuchten eines Kronleuchters mit Gwen-Petryl-Steinen versuchen sie, die Geschehnisse der letzten Tage zu überdenken, ohne dabei neue Gelegenheiten zu verpassen, seien es nun klingende Münzen, Damen vom Zwergenvolke oder das Anfreunden mit Carloron, einem früheren Wegbegleiter des verstorbenen Gefährten Bartofix, dessen Weg sich ausgerechnet heute mit ihrem eigenen kreuzte. Doch dann erbebt Uhdenberg - und alles andere muss warten. Die Helden ahnen, dass sie in etwas Großes verwickelt werden. Was sie nicht ahnen: In der gleichen Taverne wird auch Lyria Eslamsdall, eine Schreiberin der Havena Fanfare, Zeugin des Sternenfalls. Sobald das plötzlich einsetzende Erdbeben nachlässt und die erste Schockwelle verebbt, machen die Helden sich daran, den gefallenen Stein zu bergen, bevor er in die falschen Hände fällt. Lyria Eslamsdall macht sich währenddessen ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung, um einen möglichst akkuraten Bericht verfassen zu können. So enthält ihre Darstellung auch einige Erlebnisse unserer Gruppe, wobei allerdings der entscheidende Teil fehlt, denn davon hat die Autorin nichts mehr mitbekommen: Die Helden finden den gefallenen Stern trotz einiger Hürden tatsächlich vor allen anderen. Doch am Fundort werden sie von einer falschen Ingerimm-Geweihten und schlagkräftigen Begleitern angegriffen, die sich durch ihren Angriff als Diener des Namenlosen offenbaren … (Vor dem eigentlichen Kampf endete die Session; es gab 8 AP für alle.)

2022-03-23c.jpgDER BERICHT IN DER HAVENA FANFARE
DIESEN TAG WIRD UHDENBERG SO SCHNELL NICHT VERGESSEN: AM 15. RONDRA FIEL EIN BRENNENDER STEIN VOM HIMMEL UND RICHTETE GROSSE VERWÜSTUNGEN IN DER STADT AN. UNSERE NIMMERMÜDE MITARBEITERIN LYRIA ESLAMSDALL WAR VOR ORT UND KONNTE UNS DIE EREIGNISSE AUS NÄCHSTER NÄHE SCHILDERN. NOCH IN DER GLEICHEN NACHT SCHICKTE SIE EINEN BOTEN MIT IHREM BERICHT, DEN WIR NUN IN VOLLER LÄNGE ABDRUCKEN.
FORTSETZUNG FOLGT ALSBALDIGST …

Ich sitze in einer Taverne, als plötzlich mein Becher auf dem Tisch zu wackeln beginnt. Vor ein paar Augenblicken war hier noch geschäftiges Treiben, wie es typisch ist für Uhdenberg: Orks und Menschen stecken die Köpfe zusammen, auch ein paar Goblins, Geschäfte um irgendwelche Minen werden angebahnt, ein Mann, der aussieht wie ein Bettler, wird von anderen als Magier angesprochen, andere Bettler, die wirr reden oder Löffel verkaufen, werden mit auffallendem Respekt behandelt; mit mehr Respekt, als einige hier anwesende Geweihte ihren Göttern entgegenzubringen scheinen. Das Bier fließt in Strömen. Die Menschen  riechen ein bisschen strenger als anderswo. In all dem derben, lauten Treiben schickt sich  ein Zwerg an, eine der seltenen Zwerginnen zu beeindrucken und ein Ritter versucht, ein möglichst würdevolles Gesicht zu machen, während er ein ihm bis dato unbekanntes Mädel als Knappin in seine Dienste nimmt.
Dann wackelt auch der Stuhl.

2022-03-23y.jpgNicht nur meiner. Und nun geht alles ganz schnell. Die Erde bebt, wir stürzen nach draußen, sehen einen brennenden Stein auf die Stadt herabfallen. Direkt vom Himmel rast er auf uns nieder! Die Leute schreien, Häuser fallen in sich zusammen. Männer verletzen sich, als sie verzweifelt versuchen, Frauen und Kinder zu retten. Die Pferde drehen durch. Selbst ein gestandener Ritter bekommt gefährliche Huftritte ab, wie mir später ein einheimischer Waldläufer namens Rilos erzählt. Es ist ein Segen der Götter, dass es in Uhdenberg die Therbûniten gibt. Ohne sie  hätten inmitten der einstürzenden Wände und panischen Fluchtversuche sicher mehr Menschen ihren Verstand oder ihre Beine verloren. Den Zwölfen sei Dank verfehlt der Stein oder Stern oder was auch immer es gewesen ist die Stadt. Dennoch werden die Uhdenberger dieses Ereignis ihren Lebtag nicht mehr vergessen - und wir alle tun gut daran, es ebenfalls nicht zu vergessen, werte Leserinnen und Leser! Obwohl der Stern die höchstgelegenste Stadt Aventuriens nicht direkt trifft, bietet sich dem Betrachter ein Bild der Verwüstung. Durch das Beben sind mehrere Häuser ins Wanken geraten und zum Teil sogar eingestürzt. Wie ich im Laufe der Zeit erfahre, hat Uhdenberg 15 Tote zu beklagen, die meisten davon aus dem Stadtteil “Rote Höhen”, wo die meisten orkischen und goblinischen Einwohner der Stadt leben.  Im Therbuniten-Spital neben dem Peraine-Tempel sind alle Betten besetzt von Opfern durch Sturz oder Steinschlag.

Irgendwann hört das Wackeln auf. Wir sammeln uns in einigen Tempeln und in der Taverne. Was als nächstes passiert, ist wohl auch wieder eine Uhdenberger Besonderheit: Die Menschen halten so lange zusammen, wie es notwendig ist, um die Verletzten zu versorgen und den Schutt wegzuräumen. Doch noch während der Heilungen, Gebete und Aufräumarbeiten geht sie los: die Jagd nach dem Stein, der vom Himmel fiel. Irgendwer sagt: “Das war ein Gwen Petryl, so wie da oben in dem Leuchter.” Alle glauben es, alle wollen es glauben. In einigen Gesichtern ist Angst zu erkennen, Demut vor dem Unbegreiflichen. Doch in vielen liest man etwas anderes: Gier. “Der war riesig”, sagt einer und breitet die Arme weit aus. “Junge, was muss der Wert sein”, höre ich einen der Jäger raunen. In Uhdenberg tragen sie Namen wie Bargelter, Kowang, Bergwacht oderFuxfell und manch einer verteilt das Fell auch schon, bevor das Tier erlegt ist. Die Geweihten und Gebildeten beginnen zu disputieren: “Der Stein gehört Ingerimm - nein, Efferd!” Andere machen sich bereits auf den Weg. Ihr Blick sagt: “Glaubt, was ihr wollt, dieser Schatz gehört mir und sonst keinem!” Mehr als einer macht auch gar keinen Hehl daraus und sagt es laut.

Ja, so verhält sich das hier. Andere Städte haben eine weltbekannte Oper, prächtige Gärten oder wichtige Häfen. Uhdenberg hat allerlei Metalle und eine eigene Legion. Man kennt sich, man grüßt sich, doch keinesfalls hat man  darüber vergessen, wer genau wem beim Aufruhr vor zehn Götterläufen bei den Unruhen 1027 BF die Leviten gelesen oder die Zähne eingeschlagen hat. Oder gar noch Schlimmeres. Nicht umsonst ist Uhdenberg, die Stadt der Erzbarone und Glücksritter, die einzige Stadt des Kontinents, in der das Tragen einer Waffe Pflicht ist, wenn man “das Herz der Fünf Völker” bereisen will.

2022-03-23d.jpgAls ich zwischen all den Uhdenberger Glücksrittern erneut aus der Taverne trete, bietet sich mir folgendes Bild: Trümmer werden weggeräumt, Uhdenberger Legionäre brüllen Befehle, Therbuniten bringen mit Tragen Verwundete zum Spital, Kinder suchen ihre Eltern. Und mittendrin Trupps von Männern und Frauen, gerüstet für einen nächtlichen Ausflug in die Berge, sich Worte zurufend wie “Jetzt holen wir uns diesen Stern und werden reich!” Doch scheinen dies einzelne Stimmen zu sein, wie mir mein geschulter Berichterstatterverstand zeigt. Denn das Gros der Leute merkt an, dass es sich um einen Stein der Götter handelt, der den Göttern nach wie vor gehört.

Ich hefte mich an die Fersen einer der vielen Gruppen, die nun auszieht, um den gefallenen Stern zu bergen. Bei ihnen ist ein Travia-Geweihter, den man im Dunkeln erst auf den dritten Blick als solchen erkennt. Aber seine Worte machen mir Mut: “Es ist ein Zeichen der Götter”, sagt er, und das in eher entschlossenem als ängstlichem Ton. Andere hier singen ein ganz anderes Lied. Eine Bettlerin, die ich bereits vorher gesehen habe, schlägt mit einem großen Holzlöffel auf einen noch größeren Holztopf und ruft lachend: “Es ist wie in meinen Träumen! Die Sterne drehen sich!”  Eine weitere Gestalt fällt mir ins Auge. Illonska Kowang, das schwarze Schaf der  Erzbarone Kowang, die den Schieferabbau in Uhdenberg kontrollieren. Neben ihr ein Goblin mit wüstem buschigem Fell. Der Rotpelz schlägt auf eine Trommel, während Ilonska unablässig und laut brüllt: “DAS ENDE! DAS ENDE IST NAH! EIN NEUES ZEITALTER BEGINNT UND DIE GIGANTEN WERDEN SICH WIEDER ERHEBEN!”  

2022-03-23z.jpgZweimal wechseln sie die Richtung, so durcheinander ist ihr Führer, dessen Heimat sich so plötzlich verändert hat. Und wer will es ihm verdenken: Zahlreiche Gebäude auf unserem Weg haben durch das Beben ernste Schäden erlitten, manch kleineres Gebäude ist gänzlich eingestürzt.  Mein Blick fällt auf das höher gelegene Hauptgebäude der Uhdenberger Legion, das unter anderem einen Wachturm verloren hat. 

2022-03-23e.jpgWir kommen in sumpfiges Gelände außerhalb der eigentlichen Stadtsiedlung. Der grobschlächtige Heiler, der mit ihnen zieht, stolpert in den Nebel davon. Seine Gefährten eilen ihm nach. Der Ritter ruft seiner Knappin zu: “Das hier ist nun deine dritte Lektion: Immer einen kühlen Kopf bewahren - einer muss auf dem Weg bleiben!” Die Knappin gehorcht und wartet ab wie ich. Wie sich bald herausstellt, ist der Heiler einem Irrlicht in die Falle gegangen. Die anderen mussten ihn aus dem Schlamm ziehen. Ob es sie sonst auch hier gibt: diese Irrlichter? Oder ist das eine Ausgeburt dieser verfluchten Nacht, in der nichts mehr zu sein scheint, wie es war? Die schöne Frau dort vorne scheint das alles etwas leichter aufzunehmen als ich. Eine Maga ist sie, vielleicht weiß sie mehr wegen ihrer arkanen Studien? Zu dem hageren, langen Kerl neben ihr sagt sie: “Das ist eine ganz besondere Nacht!” und ihre Stimme klingt fast wie ein fröhliches Lied. Wenig später wird aber auch sie ernst: Auf dem Weg liegen mehrere Leichen  um einen Ochsenkarren herum, der in seiner Friedlichkeit dort so fehl am Platze wirkt, als hätten ihn irgendwelche Feen dort abgestellt oder jener vorwitzige Uhdenmann, der hier sein Unwesen treiben soll. Die schwarzgefiederten Pfeile, die in fünf Köpfen stecken, wirken dagegen wie eine Kriegserklärung. Die Kampferprobten und Waffenkundigen in der Gruppe mahnen zur Vorsicht: Dieser Hinterhalt war nicht das Werk von Stümpern.

Der grobschlächtige Travia-Geweihte, der sich bis dahin ein schiefes Grinsen in seinem markanten Antlitz bewahrt hat, beugt sich über die Toten und begutachtet sie. Danach richtet er das Wort an seine Gefährten. Er scheint dabei insbesondere den Ritter und den Geweihten des Kor ins Auge zu fassen. “Dieser Elf, der unseren Vorfahren bei diesem schändlichen Mord an Kangroschs Ahnin half… Meine Nachforschungen haben ergeben, dass er noch lebt. Sein Name ist Miliariel Schattenkind. Die Prophezeiungen der Niobara … Wir müssen ihn aufhalten, damit sich die Geschichte nicht wiederholen kann.”

Die merkwürdige Schar eilt nach diesen obskuren Worten von dannen. Meine Nase rät mir,  mich etwas zurückfallen zu lassen. Bei allen Schutzheiligen der Schreiber, Dichter und Denker - hier ist eine große Geschichte im Gange, und ich werde sie auf die Titelseite der Havena Fanfare bringen, das kann ich allen treuen Leserinnen und Lesern versichern.

DAS WAR LYRIA ESLAMSDALL, RASENDE BERICHTERSTATTERIN DER HAVENA FANFARE AUS UHDENBERG, AUF DER SPUR EINES GEFALLENEN STERNS IN DEN HÖHEN VON UHDENBERG.

(c) 2022 Dirk N. & Christian B.

Dirk Otto - 12:36:48 @ DSA